Bericht der Leonberger Kreiszeitung am 14.3.2016:

Musikalische Zeitreise durch neun Jahrzehnte

Leonberg Mit einem großartigen Jubiläumskonzert hat der Musikverein Höfingen in der Strohgäuhalle geglänzt. Von Rainer Enke

Mit einem eindrucksvollen und fantasievoll zusammengestellten Programm hat sich der Musikverein Höfingen in der vollen Strohgäuhalle mit seinem Jubiläumskonzert selbst ein außergewöhnliches Geburtstaggeschenk zu seinem 90-jährigen Bestehen gemacht.
Seit sechs Jahren leitet Pia Sophie Stahl, sie ist ein „Eigengewächs“ des rührigen Vereins, die beiden Orchester und hat sie mit ihrer zupackenden und engagierten Art auch wesentlich verjüngt. Daher kennt der Verein auch keine Nachwuchssorgen. Mehr als 30 junge Musikerinnen und Musiker spielen in der Jugendkapelle, die in den 50er Jahren gegründet wurde und in der alle Register mehr als ausreichend besetzt sind.
Den Anfang machte die Jugendkapelle mit dem zeitgenössischen Stück „Adventure!“ von Markus Götz, das gleich eine erste Bewährungsprobe war. Düster und dräuend, mit viel Volumen und mächtigem Einsatz von Percussion und tiefen Registern, mit den Fanfarenklängen rhythmusbetont und flott werdend, bis hin zu sauber phrasierten, beinahe schwärmerischen Passagen, all dies meisterte die Jugendkapelle in diesem diffizilen und anspruchsvollen Stück Programmmusik bravourös. In dem Medley „Coldplay Classics“ lebten bekannte Radiosongs wieder auf, und in „The Haunted Carousel“ von Erika Svanoe wurde es, dem Titel entsprechend, richtig unheimlich, nicht zuletzt dank eines TabletPCs, der jaulende Töne einspielte.
Viele bekannte Filmmelodien hat Henry Mancini geschrieben, alle sind „Ohrwürmer“ geblieben. So auch in dem Medley mit Best-of-Songs, etwa aus „Pink Panther“, der sich anfangs leise anschlich, oder der Musik zur Detektiv-Serie „Peter Gunn“ mit ihrem hämmernden Staccato und mit groovenden Big-Band-Anklängen danach auch das Schwelgen in schönen melodiösen weiteren bekannten Titeln kontrastierte. Mit einer zünftigen Polka als Zugabe verabschiedete sich das Orchester unter beinahe nicht enden wollendem Applaus.

Mit markanten Stücken aus jedem der neun Jahrzehnte Vereinsgeschichte nahm das gut 60-köpfige Blasorchester die Zuhörer auf eine „musikalische Zeitreise“ mit.
Und so begann dieser Programmteil mit dem Marsch „Jubelklänge“ von Ernst Uebel aus dem Jahr 1926. Schwelgend in schönen Harmonien, etwa in den „rollenden“ Saxofonpartien mit viel Schmelz, den mächtigen Sousafonen und unterlegt von einem „zackigen“ Rhythmus wurden die Anfänge des Vereins wieder lebendig.
„Meine Lippen, sie küssen so heiß“, diesen eingängigen Titel aus der Operette von Franz Lehár von 1934 kennen sicher viele. Aber dass die Orchesterleiterin Pia Sophie Stahl ihn mit viel Emotion mit ihrem klaren, fein akzentuierten Mezzosopran zum Besten gab, während Michael Moroff dirigierte, das war wohl die Sensation des Abends. Als Dank gab es minutenlange Standing Ovations. Wo erlebt man sonst so etwas?
„Beyond the Sea“ (La Mer) war 1946 ein großer Hit. Wogend und aufbrausend gelang hier eine sogar recht swingende Interpretation. Im „Mitternachtsblues“, 1956 ursprünglich eine Filmmusik von Franz Grothe, überzeugte Trompeter Dennis Mager mit einem schwärmerischen Trompetensolo. Unverkennbar gegen die Trompeten und die „rollenden“ Saxofone setzte sich knackig die E-Gitarre mit der markanten und bis heute verwendeten Titelmelodie zum ersten James-Bond-Film von 1962 durch.
Ein hochkomplexes Musik-Gebilde, das alle Fähigkeiten und Möglichkeiten eines Orchesters bis zum Äußersten fordert, ist Leonard Bernsteins Ouvertüre „Slava“ von 1977. Aber selbst der rasante moderne polyfone Duktus des Stückes machte dem Orchester keine Schwierigkeiten. „The Eighties“, ein Medley mit Popsongs von Madonna bis Michael Jackson, machte seinem Namen alle Ehre. Beim unheimlichen „Tanz der Vampire“, dem Musical von 1997, sausten doch wirklich kleine Mädchen in passenden Kostümen durch die Zuschauerreihen – und machten richtig „Angst“.
Bombastisch, Tragik und Dramatik in gewaltigen Klangbildern vermittelnd, erinnerte „Pompeji“ von 2006 an eine frühe Naturkatastrophe, und mit dem Gegenpart zu Beginn, „The Return! – Adventure 2“ von 2015 wurden zum Schluss alle Fähigkeiten des Orchesters ausgetestet. Und wieder gab es lang anhaltenden Applaus, minutenlang, so dass das Konzert nicht ohne drei sehr originelle und speziell arrangierte Zugaben, teils im Stehen gespielt, enden konnte.