Fausto Ruque wird neuer Dirigent beim Hauptorchester des Musikverein Höfingen
Noch vor den Sommerferien hat er unterschrieben. Fausto Ruque, der aus Ecuador stammende Hornist, hat bereits am 11. September 2021 die Probenarbeit aufgenommen. Mit großer Mehrheit hatten sich die Musikerinnen und Musiker für ihn ausgesprochen. Damit wird ein erfahrener und sehr gut ausgebildeter Musiker Dirigent in Höfingen.
Geboren wurde Fausto Ruque in Ecuador. Nach dem Abitur begann er sein Musikstudium am Nationalkonservatorium Ecuador mit dem Abschluss des Diplom-Orchestermusikers im Hauptfach Horn. Seine Musikalische Erfahrung ist vielfältig, er spielte im sinfonischen Blasorchester der Provinz Pichincha in Quito, der Philharmonie von Ecuador und im Nationalorchester Ecuador. Zahlreiche Konzerttourneen führten ihn nach Kolumbien, Venezuela, Peru, Paris, Berlin und China. Unter anderem reiste er zur Expo 2000 nach Deutschland. In zahlreichen Meisterkursen (mit Arturo Sandoval, Francisco Flores, Radovan Vladcovic, Gustavo Dudamel u. a.) vertiefte er sein Können. 2011 startete er in Ecuador das soziale Musikprojekt „Takimashikuna“, das Kindern aus sozial schwachen Familien das Erlernen eines Musikinstrumentes ermöglicht, das sich zum Teil mit Spenden aus Deutschland finanziert hat. Außerdem war er Herausgeber der Kulturzeitschrift „Ars Nova“. Mit seiner Frau und seinen zwei Kindern lebt Fausto Ruque nun in Calw. Er betreut als Blechblaslehrer die Teilnehmer der D-Lehrgänge des dortigen Kreisverbands.
Als Ende 2020 die Zusammenarbeit mit dem bisherigen Dirigenten beendet wurde musste sich der Musikverein Höfingen auf die Suche nach einem neuen musikalischen Leiter begegeben. Schnell war ein „Dirigentensuchteam“ aus Musikern zusammengestellt. Eine Print- sowie eine Onlinestellenanzeige wurden geschaltet und die Sorge war groß, ob sich in Corona-Zeiten, Lockdown und Probenverbot für das Blasorchester geeignete Kandidaten finden würden. Diese Sorge erwies sich allerdings als unbegründet, denn gleich fünf vielversprechende Bewerbungen gingen ein. Vorgespräche wurden online über Zoom geführt und als endlich wieder geprobt werden durfte nahm sich der Musikverein ein ganzes Wochenende im Juli Zeit um die Bewerber zu Probedirigaten einzuladen. Jeweils 1,5 Stunden hatte jeder Bewerber Zeit um sich vom Orchester ein Bild zu machen und die Musiker für sich einzunehmen. Allesamt hochqualifizierte und ausgezeichnete Musiker und Dirigenten. Die Wahl war tatsächlich nicht einfach. Nach den Probedirigaten wurde im Orchester geheim abgestimmt und Fausto Ruque mit so großer Mehrheit gewählt, dass eine Stichwahl nicht nötig wurde.
Um ihn besser kennenzulernen haben wir ihm einige Fragen gestellt:
Erzählen Sie uns ein wenig über Ihre Anfänge in der Musik?
Ich komme aus einer Familie von Berufsmusikern. Als Kinder gingen meine Brüder und ich in unserer Heimatstadt auf die Musikschule und einige von uns entschieden sich wie ich, auch Berufsmusiker zu werden. Nach dem Abitur studierte ich am Nationalkonservatorium für Musik in Quito, wo ich mein Studium mit meinem Hauptinstrument Horn abschloss.
Wie sind Sie als Hornist zum Dirigieren gekommen?
Während meiner akademischen Ausbildung absolvierte ich einige Kurse im Orchesterdirigat und konnte auch Erfahrung beim Dirigieren verschiedener Orchester und Ensembles sammeln, sowohl Laienorchester als auch Berufsorchester. Nachdem ich ungefähr 18 Jahre lang als Hornist in einem symphonischen Orchester in meinem Land gespielt hatte, wandte ich mich in anderen Facetten wie der Orchesterleitung und dem Kulturmanagement zu.
Was führt Sie von Ecuador ausgerechnet nach Calw?
In der Vergangenheit war ich schon einige Male in Deutschland und Europa auf Tournee, aber diesmal ist der Hauptgrund für meinen Aufenthalt hier meine Familie. Meine Frau kommt aus Calw, sie ist Geigerin von Beruf und wir waren Kollegen im „Orquesta Filarmónica de Ecuador”, dort haben uns kennengelernt und später geheiratet. Wir haben zwei Kinder, eine Tochter und einen Sohn, der besondere medizinische Betreuung benötigt, deswegen haben wir uns entschieden, hierher nach Deutschland zu ziehen.
Warum haben Sie sich beim Musikverein Höfingen beworben?
Meine Hauptmotivation war es, symphonische Blasmusik mit einem großen Orchester machen zu können und so meine musikalische Erfahrung zu teilen. Jetzt, da ich das Orchester besser kenne, weiß ich, dass viel Potenzial vorhanden ist und wir gemeinsam qualitativ hochwertige Musik machen können!
Was ist für Sie wichtig an der Zusammenarbeit mit dem Musikverein Höfingen?
Ich denke, wie alles im Leben brauchen die Dinge Zeit. Für mich ist es wichtig, Motivation zu erreichen und zu erhalten. Ein motiviertes Orchester ist einfacher zum Üben, Spielen und vor allem zum Spaß am Musizieren zu bewegen! Aus meiner Sicht ist die Hierarchie im Musikverein horizontal, das heißt ich bin ein weiteres Mitglied des Orchesters. Die technisch-musikalischen Entscheidungen liegen aber als musikalischer Leiter in meiner Verantwortung.
War erwartest Sie von den Musikern?
Von den Musikern des MV Höfingen erwarte ich, dass sie nie die Lust am Musizieren verlieren, sich aber gleichzeitig der Verpflichtung bewusst sind, die das Spielen eines Musikinstruments mit sich bringt, nämlich: Respekt vor dem Instrument, und Engagement beim Spielen eines Stücks. Am Ende steht die enorme Befriedigung, die Sie im Austausch für diese Anstrengungen erhalten.
Was darf ein Dirigent nie machen?
Als Leiter oder Musiker glaube ich, dass man nicht zulassen darf, dass außermusikalische Faktoren wie beispielsweise politische und ideologische Überzeugungen, Einfluss auf die Interpretation und das Musizieren haben. Was den musikalischen Aspekt betrifft, so denke ich, dass ein Dirigent die Vorbereitung und das Studium des Repertoires, das er beim nächsten Konzert aufführen wird, nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte.
Was bedeutet für Sie Musik?
Wir erleben gerade eine schwierige Zeit wegen der Pandemie. Diese hat aber deutlich gemacht, wie groß unser Bedürfnis nach Kunst und ihren Ausdrucksformen ist. Die Tatsache, Musiker aller Leistungsniveaus, Anfänger oder Profis, zu sehen, die ihre Interpretationen durch Videos und Aufnahmen teilen oder auf Balkonen spielen, hat der Welt gezeigt, dass Musik nicht nur ein großer Aspekt im Leben sondern auch ein Hoffnungsträger ist. Musik ist das ideale Ventil, um unsere Gesellschaft zu sensibilisieren und die geistige (und damit auch die physische) Gesundheit zu erhalten.
Hatten Sie jemals ein besonderes Erlebnis als Musiker?
Während meiner musikalischen Ausbildung hatte ich das Glück, an einem bereits weltweit bekannten musikalischen Ausbildungsprogramm namens „El Sistema‘‘ teilzunehmen. Dieses Projekt wurde in Venezuela geboren und verbreitete sich in mehreren lateinamerikanischen Ländern. Die Idee dahinter ist, dass viele Kinder Instrumente lernen und in Orchestern spielen als Teil der sozialen Organisation und humanistischen Entwicklung. Im Rahmen dieses Programms hatte ich die Möglichkeit, an vielen Workshops, Meisterkursen, Konzerten internationalen Tourneen usw. teilzunehmen und einige der herausragendsten Solisten und Lehrer der Welt zu treffen. Einer der bekanntesten Figuren dieses Programms ist der Dirigent Gustavo Dudamel, mit dem ich zusammen arbeiten und spielen durfte.
Was machen Sie wenn Sie nicht dirigieren?
Ich bin Hornist von Beruf und meine Aktivitäten gehen auch in diese Richtung. Ich komponiere gerne und mache auch musikalische Arrangements. Ich bin auch in Richtung Kulturmanagement aktiv. In Ecuador habe ich beispielsweise zusammen mit meiner Frau einige staatliche und private Veranstaltungen organisiert, bei Opernaufführungen des „Teatro Nacional Sucre“ als Produzent mitgewirkt, sowie eine eigene Kulturstiftung namens „Takimashikuna“ gegründet, in der wir einige soziale Projekte entwickeln konnten. Vor einigen Jahren war ich musikalischer Leiter eines Musikprojekts des Calwer Vereins StadtLandKultur, bei dem syrische und afghanische Flüchtlingen zusammen Gitarre spielen lernten. Zurzeit leite ich einige Gruppen, bin als Lehrer für Blechblasinstrumente tätig und bereite einige persönliche musikalische Projekte für das folgende Jahr vor.